Seit Gründung von Shanti ist die nachhaltige Verbesserung der Lebensbedingungen auf dem Land ein wichtiges Ziel. Damit soll den Menschen in den Dörfern eine Perspektive aufgezeigt werden, um so letztendlich Landflucht zu verhindern.
Bei den Projekten werden die Familien in vielen Bereichen unterstützt, denn Armut ist multifaktoriell und die Menschen sind oft auch wenig aufgeklärt, krank und ohne ausreichende Schul- und Ausbildung. Geld alleine, z. B. in Form von Mikrokrediten, reicht als Unterstützung nicht aus. Die Familien erhalten deshalb umfangreiche, auf den individuellen Bedarf abgestimmte Unterstützung, Beratung und weitreichende Trainingsmaßnahmen in folgenden Bereichen – immer mit dem Ziel, dass die Menschen nach der anfänglichen Förderung in der Lage sein sollen, sich zukünftig selbst zu helfen:
Landwirtschaft:
Bildung:
Frauenförderung:
Zu Beginn des Projekts wird entschieden, wer teilnehmen wird. Voraussetzung ist der Willen, die eigene Situation zu verändern. Außerdem werden nur die ärmsten Familien gefördert, d. h. Familien mit geringem Einkommen und keinem oder sehr wenig Landbesitz.
Auf der Grundlage langjähriger Erfahrungen arbeiten unsere Partner heute ausschließlich mit dem sogenannten Familienansatz
(siehe Abb. unten):
Dabei werden von vornerein alle Familienmitglieder einbezogen statt wie früher meist nur die Frauen (1).
Am Anfang des Projekts stehen die sogenannten Familienworkshops: Zwei Tage lang arbeiten dabei die Mitarbeiter von Dipshikha und ASSB intensiv mit den Familien, jeweils vertreten durch Mann und Frau. Diese Workshops beginnen damit, dass die Paare ihre eigene Situation anhand einfacher Kriterien selbst einschätzen und dies bildlich veranschaulicht wird (2).
Dann wird eine Zukunftsvision entworfen (3), aus der dann im Verlauf der nächsten Wochen ein realistischer Plan zur Umsetzung entwickelt wird (4). Im Verlauf des Projekts werden die Familien eng durch die Mitarbeiter begleitet und beraten (5). Dabei wird fortlaufend dokumentiert, ob die Ziele umgesetzt werden konnten oder ggf. Anpassungen erforderlich sind.
Agina und Shahid haben drei Söhne, Barrol, Reza und Mashud (1., 3. und 8. Klasse). Im Familienworkshop haben sie sich in die ärmste Kategorie eingeordnet: Noch vor zwei Jahren konnten sie ein eigenes, kleines Stück Land zum Reisanbau nutzen. Der Ertrag reichte meistens gerade für den eigenen Bedarf. Aber nach einer Missernte und der Tuberkuloseerkrankung des ältesten Sohnes mussten sie ihr Land zu einem schlechten Preis an den Großgrundbesitzer in Nachbardorf verkaufen.
In dieser Situation wurden Agina und Shahid in das Projekt aufgenommen und nahmen an einem Familienworkshop teil. Zu dem Zeitpunkt sahen sie zunächst keine Perspektive und dachten sie daran, den ältesten Sohn aus der Schule zu nehmen, damit dieser als Tagelöhner zum Einkommen der Familie beitragen könnte.
Nach dem Workshop begannen sie mit der ersten Aktivität, um sowohl ein Einkommen zu erwirtschaften als auch die Ernährung der Familie sicherzustellen. Sie pachteten ein Stück Land zum Reisanbau. Dipshikha stellte ihnen neben einem Kredit für die Pacht des Landes auch qualitativ hochwertiges und günstiges Saatgut sowie Dünger zur Verfügung. Außerdem bekamen sie Mango- und Bananensetzlinge, die sie hinter der Wohnhütte gepflanzt haben. Die Bananen tragen bereits die ersten Früchte. Des Weiteren erhielten sie einige Hühnerküken. Damit kann die Ernährung der Familie abwechslungsreicher gestaltet werden. Das Obst und die Eier werden sich später auch gut auf dem Markt verkaufen lassen.
Die Mitarbeiter*innen von Dipshikha konnten die Eltern außerdem überzeugen, dass der älteste Sohn weiterhin die Schule besuchen sollte.
Abinash und seine Frau Nirubala haben zwei Kinder. In den vergangenen Jahren haben alle immer wieder unter Durchfallerkrankungen gelitten. Der kleinen Sohn Biren, 5 Jahre, war besonders stark betroffen. Es ist sehr dünn und wirkt kränklich. Die Familie hatte weder einen eigenen Brunnen noch eine Latrine. Wasser haben sie sich bei den Nachbarn geholt. Nirubala sagte aber, dass dies oft zu Streit führte. Gewaschen haben sie sich im nahe gelegenen Teich, in dem auch Kühe, Enten und andere Tiere schwimmen und trinken. Mangels einer Latrine gingen sie ins Feld oder an den Teich.
Erste Maßnahme für die Familie war die Teilnahme an einer Hygieneschulung. Sie lernten unter anderem, wie Durchfallerkrankungen verursacht werden und wie man sie vermeidet, dass zum Beispiel Gemüse vor dem Verzehr gewaschen werden muss, welches Wasser sich als Trinkwasser eignet und welche Bedeutung sorgfältiges Händewaschen hat.
Jetzt haben sie sich den Traum von einem eigenen Brunnen erfüllen können. Sie mussten zunächst einige Monate sparen, um ihren Eigenanteil beitragen zu können. Der Rest wird über das Projekt gezahlt. Insgesamt kostet ein Brunnen 6.000 Taka (entspricht derzeit ca. 60 Euro).
Die Brunnen bestehen aus einer kleinen Plattform, die aus Beton gegossen wird, damit sich der Platz insbesondere in der Regenzeit gut sauber halten lässt und einer Schwengelpumpe, mit der das Wasser mit der Hand heraufgepumpt werden kann. Die Familie verfügt jetzt über sauberes Wasser zu Trinken und Kochen. Außerdem können sie sich am Brunnen waschen. Den Bau einer Latrinen haben sie in zwei Jahren eingeplant.
Ziel ist es, dass möglichst viele Familien einen eigenen Brunnen und eine eigene Latrine erhalten.
Vorher arbeitete Samar als Tagelöhner. Tagelöhner haben nur ein sehr geringes Einkommen von ca. 200 Taka pro Tag (entspricht etwa einem Euro). Außerdem konnte er nie sicher sein, ob er am nächsten Tag überhaupt Arbeit finden würde, so dass die Familie in großer finanzieller Unsicherheit lebte. Tschiuli wusste oft nicht, ob am nächsten Tag genug Geld für etwas zu Essen da sein würde.
Für das nächste Jahr plant die Familie den Bau einer Latrine. Die beiden Töchter sollen außerdem weiter in die Schule gehen.
Mit dem ersten Kredit haben Tschiuli und Samar kurz nach dem Familienworkshop ein Kalb gekauft. Sie erhielten ein Training, in dem sie erfuhren, wie die Kuh zu halten sei. Impfungen wurden ebenfalls angeboten, denn es wäre ein großer Verlust für die Familie, wenn die Kuh an einer Infektion versterben würde. Nach einigen Monaten konnte die gemästete Kuh zu einem guten Preis verkauft werden.
Mit dem Erlös haben sie zunächst ihren Kredit zurückgezahlt. Einen weiteren Teil benötigten sie für ihren Lebensunterhalt. Den Rest wollten sie wieder investieren und brachten ihn als Eigenanteil für einen zweiten Kredit ein, mit dem sie einen kleinen Teeladen eröffnet haben, der jetzt täglich von Samar betrieben wird.